Mörder auf der Bühne

 

„Tod sein ist geil, Tod sein ist in…“ singen die 7 Protagonist*innen im Nebel der tiefen Nacht auf dem Friedhof, der ansonsten einsam, still, mit Grabstein und Engelsstatue friedlich wirkt. Das ist das makabre Set des Mittelstufentheaters. Hier spielt das Stück R.I.P. von Raoul Biltgen, aufgeführt von den Schüler*innen der 7. bis 11. Klasse unter Leitung von Herrn Engel.

 

 

Beinahe zufällig haben sich hier die Gefängnis-Ausbrecherinnen Tatjana mit Lisa und Nora getroffen, alle flüchtig vor der Polizei. In knallorangen „Prisoner“ Outfits wissen sie nicht wohin, wissen nicht, wer sie eigentlich sind, finden langsam heraus, welche Vergangenheit hinter der Häftlingskleidung steckt: Tatjana, gespielt von Maria, hadert damit, dass sie den Gefängniswärter Johann (Colin) verführt hat, um auszubrechen. Lisa hingegen, gespielt von Jule, trägt die Narben ihrer bitteren Vergangenheit mit sich, in der ihre Familie in den Flammen eines Zirkuszeltes starb. Und Nora (Lotta), von allen als verrückt verachtet, trauert um ihr Kind, das sie angeblich ermordete. Alle drei spielen voller Leidenschaft, in der dritten Aufführung sitzt einfach alles: Der Text, die Dramaturgie, das Spiel und der Wortwitz, bis hin zu herrlichen Anklängen an Shakespeare und seltsame Friedhofskost wie „Ratte à la Banane“.

 

 

Unvermittelt kommen weitere Figuren hinzu: Georg (Jannis) tritt auf, seine Kleidung wirkt wie aus dem falschen Jahrhundert, er kommt auch gleich der überraschten Tatjana zu nahe. Dann erscheint noch die erschrockene Marie (Lucy) und ganz besonders eindrucksvoll Catherine, gespielt von Helena, dazu: Sie bringen den Tod mit sich, feiern die Dunkelheit der Nacht, spielen streckenweise sogar in Reimen und sind die wahren Mörder auf der Bühne. „Wie viele hast du schon umgebracht, Georg?“ fragt Catherine scheinheilig ihren Mörderkollegen und hat dabei selbst bereits Dutzende auf dem Gewissen.

 

 

Wie die Entflohenen nun aus der neuen Gefangenschaft der Geister, beherrscht von Catherine, entkommen, wen sie opfern und zurücklassen, und ob sie es schaffen, den Toten ihre endgültige Ruhe zurückzugeben, das entwickelt sich zu einem fulminanten Theaterstück voll innerer Energie und düsteren Geheimnissen. Am Ende bleibt jedoch nur die Statue auf dem Friedhof zurück, gespielt von Lousia, und hat selbst keine Lust mehr, hier zu verweilen. So ist sie die letzte Figur, die an diesem unterhaltsamen Theaterabend ihre Freiheit findet.

 

 

Das Stück war ein Kraftakt für alle Schauspieler, hat es doch beinahe eineinhalb Stunden gedauert und jeder einzelnen Figur eine Menge Textsicherheit abverlangt. Und das nach einer verrückten Probenwoche, in der gleich mehrere Hauptrollen ausgefallen sind. Weder Louisa, noch Helena wussten zu Beginn der Woche, wo sie am Ende auf der Bühne stehen würden. Herr Engel betonte, dass er am Dienstag bereits dachte, das „Stück würde gar nicht mehr auf die Bühne kommen.“ Umso beeindruckender, dass es am Ende so gut funktioniert hat: Trotz Schulaufgaben, Arztterminen und Referaten – das Team hat täglich länger als 16 Uhr gearbeitet, die Technik unter Leitung von Samuel und Nico oft bis tief in den Abend – und gemeinsam haben sie die Herausforderung gemeistert.

 

 

Der anhaltende Applaus am Ende des Stücks beweist, alle haben ihr Bestes gegeben, das Stück hat das Publikum begeistert. Und ganz besonders Catherine wird in Erinnerung bleiben, wie sie manipuliert, verführt und mit einem Schnipsen den Tod verteilt… genau wie die Zuschauer hat die gesamte Bühne in diesen Momenten den Atem angehalten, ein wahrhaft packendes Erlebnis.

C. Ruf

 

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